Wandernde Gelenkschmerzen: Mehr als nur ein Schmerz auf der Durchreise

Eines Morgens spürst du einen stechenden Schmerz im Knie, der dich zur Ärztin führt. Nach einer gründlichen Untersuchung, einigen Tests und einer kurzen Behandlung kehrst du erleichtert nach Hause zurück, nur um wenige Tage später festzustellen, dass der Schmerz umgezogen ist – jetzt plagt er deine Schulter. Ein weiterer Arztbesuch, eine neue Diagnose, aber der Schmerz hält sich nicht daran: Er macht sich als Nächstes in deinem Handgelenk bequem. 

Diese ironische "Wanderung" von einem Gelenk zum nächsten sendet dich auf eine ganz eigene Odyssee – von Ärzt:innen zu Ärzt:innen, auf der Suche nach Antworten und Linderung. Eine mögliche Diagnose? Wandernde Gelenkschmerzen, ein treffender Name für eine Bedingung, die dich umhertreibt, ohne dass ein Ende in Sicht scheint.

Tatsächlich zeigt eine Umfrage des RKI zu Gelenkschmerzen, dass etwa 25 Prozent der Befragten angaben, in den vergangenen 24 Stunden Gelenkschmerzen erlebt zu haben. Damit zählen diese Beschwerden zu einer der häufigsten Gründe für Bewegungseinschränkungen.

In diesem Beitrag nehmen wir die wandernden Gelenkschmerzen, auch bekannt als migrierende Arthritis, genauer unter die Lupe. Wir erläutern, was hinter diesem Phänomen steckt, das uns mal hier, mal da plagt. 

Wie können Betroffene damit umgehen und was können Massagen dazu beitragen? Diesen und weiteren Fragen widmen wir uns in diesem Beitrag.

 

Lesetipp: Von Kopf bis Fuß: Hier helfen Massagen

Was sind wandernde Gelenkschmerzen?

Wandernde Gelenkschmerzen, medizinisch oft als migrierende Arthritis bezeichnet, beschreiben ein Phänomen, bei dem sich die Schmerzen von einem Gelenk zum anderen verlagern können. Diese Art von Gelenkschmerz ist nicht statisch; sie reist vielmehr durch verschiedene Teile des Körpers, was sowohl die Diagnose als auch die Behandlung erschweren kann.

Ein wesentliches Merkmal wandernder Gelenkschmerzen ist, dass das betroffene Gelenk temporär entzündet sein kann (Arthritis), sich die Symptome jedoch auf andere Gelenke ausweiten oder verlagern können. Betroffene können eine Reihe von Symptomen erleben, darunter Schwellungen, Rötungen, erhöhte Wärme in den betroffenen Bereichen und eine eingeschränkte Beweglichkeit, die gemeinsam mit dem Schmerz von Gelenk zu Gelenk weiterziehen.

Lesetipp: Bei Arthroseschmerzen Linderung verschaffen – So geht's

Können Gelenkschmerzen tatsächlich wandern?

Ja, Gelenkschmerzen können wirklich wandern. Dieses Phänomen wird häufig bei bestimmten systemischen Erkrankungen wie rheumatischem Fieber oder Lyme-Arthritis beobachtet. Dieser Prozess basiert auf einer komplexen Wechselwirkung im Immunsystem, die durch autoimmune oder infektiöse Trigger ausgelöst werden kann.

Konkret liegt das daran, dass bei Erkrankungen wie rheumatischem Fieber und Lyme-Borreliose, die durch Bakterien verursacht werden, das Immunsystem des Körpers Antikörper produziert. Diese greifen nicht nur die Krankheitserreger, sondern auch das Gewebe in den Gelenken an. Da diese Antikörper sich im Blutkreislauf bewegen können, führt das dazu, dass eine Entzündung von einem Gelenk zum nächsten „wandern“ kann. 

Wir verstehen nun, wie diese umtriebigen Gelenkschmerzen entstehen und sich manifestieren können und widmen uns als Nächstes den Ursachen, also möglichen spezifischen Erkrankungen, die zu diesen Symptomen führen können.

Lesetipp: Schmerzmanagement – Wie geht man mit Schmerzen am besten um?

 

Ursachen und zugrundeliegende Erkrankungen

Wandernde Gelenkschmerzen können durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden, die von infektiösen bis zu autoimmunen Prozessen reichen. Diese Schmerzen sind nicht nur aufgrund ihrer Intensität belastend, sondern auch wegen ihrer Unvorhersehbarkeit und der Fähigkeit, zwischen verschiedenen Gelenken zu „wandern“.

 

Allgemeine Ursachen für wandernde Gelenkschmerzen:

Die allgemeinen Ursachen für wandernde Gelenkschmerzen umfassen eine breite Palette von Bedingungen, die sowohl das Immunsystem als auch die Infektionsabwehr des Körpers betreffen. Häufig sind sie die Folge von:

• Infektionen: Bestimmte Viren, wie das Epstein-Barr-Virus oder das Parvovirus B19, können eine Entzündungsreaktion in verschiedenen Gelenken auslösen. Auch das Hepatitis-C-Virus ist bekannt dafür, Gelenksymptome zu verursachen.

• Autoimmunerkrankungen: Hier greift das Immunsystem fälschlicherweise gesundes Körpergewebe an, was zu Entzündungen in verschiedenen Gelenken führen kann.

• Stoffwechselstörungen: Krankheiten wie Gicht, die durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken gekennzeichnet ist, können ebenfalls wandernde Gelenkschmerzen verursachen.

Spezifische Erkrankungen mit Bezug auf wandernde Gelenkschmerzen:

• Reaktive Arthritis: Diese tritt auf, nachdem eine Infektion im Körper stattgefunden hat, typischerweise im Urogenital- oder Gastrointestinaltrakt. Arthritis kann Wochen nach der eigentlichen Infektion auftreten und sich auf verschiedene Gelenke erstrecken.

• Rheumatisches Fieber: Diese ernsthafte Erkrankung folgt oft einer Streptokokkeninfektion und kann schwere Entzündungen in verschiedenen Gelenken, am Herzen und in anderen Organen verursachen.

• Lyme-Arthritis: Verursacht durch das Bakterium Borrelia burgdorferi, das durch Zeckenbisse übertragen wird. Lyme-Arthritis kann episodische Schmerzen in einem oder mehreren Gelenken verursachen, die zwischen den Gelenken wechseln können.

• Whipple-Krankheit: Eine seltene bakterielle Infektion, die den Darm betrifft, aber auch Gelenkschmerzen und andere systemische Symptome verursachen kann.

• Weitere relevante Erkrankungen: Systemischer Lupus, Erythematodes (SLE) und Sarkoidose. Auch sie können wandernde Gelenkschmerzen als Symptome aufweisen.

Dass Betroffene häufig über einen langen Zeitraum und in Absprache mit vielen Ärzt:innen auf der Suche nach Linderung sind, liegt oft daran, dass die Diagnose von wandernden Gelenkschmerzen aufgrund der Vielzahl an potenziellen Ursachen sehr herausfordernd sein kann.

Lesetipp: Thrombosen durch Massagen vorbeugen

 

Gelenkschmerzen am ganzen Körper - wie kann eine Diagnose erfolgen?

Die Diagnose beginnt in der Regel mit einer detaillierten Anamnese und einer körperlichen Untersuchung. Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRI helfen bei der Beurteilung des Zustands der Gelenke und Bluttests, entzündliche Marker oder spezifische Antikörper zu identifizieren. Diese können in weiterer Folge Hinweise darauf geben, ob es sich um eine autoimmune oder infektiöse Ursache handelt. 

Lesetipp: Muskelschmerzen am ganzen Körper – was tun?

Verschiedene Formen von wandernden Gelenkschmerzen

In der Diagnose hilft es, so exakt wie möglich das vorliegende Muster der Symptome zu analysieren. Insbesondere da wandernde Gelenkschmerzen in verschiedenen Formen auftreten können, lässt das in einigen Fällen bereits Rückschlüsse auf die Ursache zu. 

Einige Patienten erleben etwa Schmerzen, die zwischen weit auseinanderliegenden Gelenken wie Schultern und Knien wechseln, während bei anderen die Schmerzen lokal begrenzter sind und zwischen benachbarten Gelenken wie den Fingern wandern. Diese Muster können Hinweise auf die zugrundeliegende Ursache geben und helfen, die richtige Diagnose zu stellen. 

 

Gelenkschmerzen in den Wechseljahren

Speziell bei Frauen können hormonelle Veränderungen während der Wechseljahre zu einer erhöhten Anfälligkeit für Gelenkschmerzen führen. Der Rückgang des Östrogenspiegels kann dazu beitragen, dass die Gelenke weniger geschmeidig sind und schneller entzündliche Reaktionen zeigen, was in manchen Fällen zu wandernden Gelenkschmerzen führt. Aufgrund der Komplexität und Vielzahl der Ursachen ist ein klärendes Gespräch mit deiner Ärztin empfehlenswert. 

Lesetipp: Muskelschmerzen nach Corona

 

Wann solltest du Ärzt:innen aufsuchen?

Grundsätzlich solltest du besonders bei anhaltenden oder sich wiederholenden Gelenkschmerzen ärztlichen Rat einholen und primär dann, wenn die Schmerzen ohne ersichtlichen Grund auftreten. 

Wandern sie dann noch von einem Gelenk zum anderen, ist definitiv eine Abklärung erforderlich, um weitere Schritte planen zu können. Tritt zeitgleich Fieber, unerklärlicher Gewichtsverlust, starke Rötung oder Schwellung der Gelenke auf, sind auch das alarmierende Symptome, die eine umgehende medizinische Bewertung erfordern.

 

Wie werden wandernde Gelenkschmerzen behandelt?

Es gilt: Die Ursache der Schmerzen bestimmt die Behandlungsform. Für gewöhnlich umfasst diese entzündungshemmende Medikamente, Physiotherapie und gegebenenfalls spezifische Therapien, die auf die zugrundeliegende Krankheit abzielen. 

In einigen Fällen können auch ergänzende Ansätze wie Akupunktur oder spezielle Diäten zur Symptomlinderung beitragen. Auch können Massagen bei Gelenkschmerzen ein geeignetes Mittel zur Linderung sein. Um Kontraindikationen, also gegensätzliche Effekte als die gewünschte Linderung, zu vermeiden, kläre bitte jede Behandlung mit deinem behandelnden Arzt ab. 

Lesetipp: Massagen während der Schwangerschaft

Können Massagen bei wandernden Gelenkschmerzen helfen?

Die Antwort ist, dass Massagen als Teil eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes durchaus hilfreich sein können. Sie bieten zwar keine Heilung der zugrunde liegenden Erkrankung, können aber dazu beitragen, Symptome zu lindern und deine Lebensqualität zu verbessern.

Hauptsächlich wirken Massagen durch die Förderung der Durchblutung und die Entspannung deiner Muskulatur rund um deine betroffenen Gelenke. Weiterhin kann eine verbesserte Blutzirkulation helfen, entzündliche Toxine und Stoffwechselabfälle schneller aus den betroffenen Bereichen zu entfernen. Die Entspannung der Muskeln reduziert die Belastung auf die Gelenke und mindert Schmerzen und Steifigkeit.

Hier sind spezielle Massagetechniken wie die schwedische Massage oder sanfte Lymphdrainage besonders vorteilhaft, um Schwellungen zu reduzieren und die Beweglichkeit zu fördern. 

Tiefe Gewebemassagen sollten hingegen mit Vorsicht angewendet werden, da sie bei entzündeten Gelenken kontraproduktiv sein können. Therapeut:innen, die mit Gelenkerkrankungen vertraut sind, können die Massage individuell an deine spezifischen Bedürfnisse anpassen. Massagen sind eine einfache und unterstützende Therapie, die immer im Regelfall in Kombination mit anderen von Ärzt:innen empfohlenen Behandlungen angewendet werden. 

Lesetipp: So kann manuelle Lymphdrainage an deinem Wohlbefinden schrauben 

 

Lass deine Gelenkschmerzen hinwegwandern

Wenn sich Schmerzen unvorhersehbar von einem Gelenk zum nächsten bewegen, führt das oft zu einer schier endlosen Wanderung und Suche nach Linderung. Der Erste wesentliche Schritt ist daher eine korrekte Diagnose. Lautet diese „wandernden Gelenkschmerzen“, haben wir gesehen, dass hier zahlreiche Ursachen wie Infektionen und Autoimmunerkrankungen ursächlich sein können.

Umso wichtiger sind frühzeitige und genaue Diagnosen sowie eine angepasste Behandlung. Massagen können dich dabei zusätzlich unterstützen, deine Schmerzen zu lindern und sind oft Teil eines proaktiven Lebensstils, der dafür sorgt, dass das Wandern deiner Gelenkschmerzen, aber auch jenes von Untersuchung zu Untersuchung ein Ende findet. 

 

Coverbild: Sasun Bughdaryan, andere Bilder: Tao Yuan